Interview:Eiichiro Oda × SHONEN JUMP
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| Das hier ist nur eine Übersetzung vom Englischen ins Deutsche, es können sich also gegenüber dem japanischen Original Unterschiede oder Fehler eingeschlichen haben und Wortwitze verloren gegangen sein. |
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Das Interview Eiichiro Oda × SHONEN JUMP wurde im Magazin Weekly Shonen Jump Exhibition VOL.3 Official Catalog abgedruckt. Zusammen mit seinen beiden Vorläufern VOL.1+2 erschienen sie 2017 und 2018 im Rahmen einer Ausstellung in Japan. Diese wurde anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Weekly Shonen Jump abgehalten, dem wöchentlichen Manga-Magazin, in dem neben One Piece zahlreiche andere Manga-Serien des Shonen-Genres das Licht der Welt erblickt haben. In den Exhibition-Magazinen wird die Geschichte der Jump mit ihren zahlreichen Manga-Serien aufgearbeitet und so wird auch One Piece in VOL.3 näher beleuchtet. Neben vielen Manuskript- und Farbseiten aus dem One Piece-Manga ist auch ein Interview mit Schöpfer Eiichiro Oda enthalten, welches sowohl auf Englisch, als auch auf Japanisch abgedruckt ist. Im Folgenden ist eine deutsche Übersetzung basierend auf dem englischen Original-Text aus dem Magazin zu lesen.
Das Interview wurde auch in der Weekly Shonen Jump-Ausgabe #34 / 2018 veröffentlicht.
Interview
Eiichiro Oda × SHONEN JUMP
In der Shonen Jump kann ich ein Ass sein. Aber nie der Kapitän.
"Das ist ziemlich erstaunlich. Wenn man bedenkt, dass ich erst 20 war, gibt es hier einen großartigen Aufbau. (lacht)"
Oda sagt dies auf eine humorvolle Art, während er sich eine Ausgabe der Shonen Jump mit dem ersten Kapitel One Piece ansieht. Er war wirklich schockiert über das Niveau der Perfektion.
"Ich habe diesen Manga nach zahlreichen Ablehnungen gezeichnet, wissen Sie. (lacht) Endlich konnte ich meinen Piraten-Manga zeichnen, und der One-Shot war ziemlich beliebt, aber die Idee wurde zwei Mal abgelehnt, bevor ich sie in Serie bringen konnte. Ich habe für ein Meeting drei Kapitelentwürfe zur Diskussion eingereicht, in dem festgelegt wird, was in Serie gebracht werden kann. In dieser Version tauchen Arlong und Gimon ab dem zweiten Kapitel auf und ich hatte verschiedene Vorlagen/Muster. Aber nach zwei Absagen habe ich endlich grünes Licht für Kapitel 1 bekommen. Während der Arbeit am One-Shot-Manga habe ich viele Zurückweisungen erfahren."
Mit 15 Jahren war Oda der finale Bewerber für den Hop Step Award, mit 17 erhielt er den Tezuka Award für "Wanted!" und im folgenden Jahr wurde er mit dem Hop Step Award für "Ikki Yakou" ausgezeichnet. Trotz dieser Leistungen in seinen jungen Jahren gab es eine stockende Phase, in der Odas Ideen fortlaufend abgelehnt wurden.
"Ich dachte, ich wäre auf dem richtigen Weg und habe eine Serie erwartet. Nach Monsters zeichnete ich zwei Jahre lang Geschichten für One Piece, aber sie weigerten sich, es in der Shonen Jump zu starten. Der Redakteur sagte, er könne es nicht einreichen und es wurde bei den One-Shot-Meetings nicht einmal berücksichtigt."
Aber er glaubt, dass diese Absagen die Serie gerettet haben.
"Da es so oft abgelehnt wurde, stapelte sich bei mir viel Material. Einige Ideen habe ich sogar selbst verworfen, bevor ich sie dem Redakteur gezeigt habe. Da ich so viel Material hatte, das noch nie das Licht der Welt erblickt hatte, half es bei der ersten Serie sehr. Ich kannte die Gründe für die Absagen, also benutzte ich die Techniken, die ich damals hatte, um sie zu überarbeiten, und daraus wurde dann ein großartiges erstes Kapitel. Jemand ohne diese Ablehnungserfahrung muss es schwer haben, genug Material zu sammeln."
Als Oda noch ein Neuling unter den Mangaka war, sagten ihm die Redakteure immer, seine Werke "hätten keinen Charakter".
"Ich habe viel für die Geschichte recherchiert. Ich dachte "Geschichte plus Zeichnungen ist gleich Manga", also wusste ich nicht, was sie meinten, als sie mir sagten, es habe keinen Charakter. Und so fing der Kampf an."
Wenn man an all die einzigartigen und beeindruckenden Charaktere in One Piece denkt, ist es ziemlich schwer zu glauben.
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"Jetzt kreiere ich eine wahnsinnige Menge interessanter Charaktere (lacht), aber ich war wirklich ahnungslos, bis ich ein Händchen dafür entwickelte. Wenn ich einen Charakter erstelle, denke ich darüber nach, was er in einer bestimmten Situation tun würde. Wenn zum Beispiel Fleisch vom Himmel fällt, würde Ruffy es essen, Nami würde nur zusehen und Zorro würde es für einen Feind halten und es in Stücke säbeln. Das macht einen Charakter aus. Und diese Handlungen müssen in allen Situationen wiederholt werden. Wenn die Kapitel veröffentlicht werden, bekommen die Leser ein Gefühl dafür, wie sich die Charaktere verhalten. Wenn ich also Ruffy etwas machen lasse, was nicht seinem Charakter entspricht, werden sie es sofort bemerken. Deshalb muss ich bei Ruffy 'Ruffy-Dinge' zeichnen, aber auch die Leser überraschen. Jetzt kann ich es sagen, aber zuerst hatte ich überhaupt keine Ahnung, was für ein Charakter Ruffy war. Als ich mit Watsuki-sensei sprach, sagte er mir, dass Ruffy scheinbar insgeheim etwas ausheckt. Und dass meine Charaktere meistens so sind. (Oda war ein ehemaliger Assistent des Mangakas Nobuhiro Watsuki.) Er ist gut darin die Pläne des Autors aufzudecken. Aber ich denke das zeigt, dass sich meine Charaktere nicht natürlich genug verhalten haben."
Wenn mein Manga von den meisten Leuten gelesen wird, bin ich glücklich.
Im vergangenen Jahr feierte One Piece sein 20-jähriges Jubiläum. Ich habe ihn gefragt, ob er Druck spürt, den Erfolg der Shonen Jump über einen so langen Zeitraum fortzusetzen.
"Ich habe nicht das Gefühl, wirklich etwas zu stützen. Wenn mein Manga von den meisten Leuten gelesen wird, bin ich glücklich. Mehr nicht. Zu wissen, dass es der Manga Nummer Eins ist, gibt mir Kraft, wie ein Motor, der mich antreibt, interessantere Geschichten zu schreiben. Ich habe kein starkes Verantwortungsbewusstsein. Wenn die Zeit gekommen ist, dass One Piece endet, aber der Redakteur meint, dass ich weitermachen soll, werde ich nicht auf ihn hören. Es ist meine Freiheit den Manga auf meine Weise zu beenden. Aber es kann noch nicht enden, denn ich habe noch viele Geschichten zu erzählen."
Als ich ihn nach Masashi Kishimoto fragte, der Naruto nach 15 Jahren beendet hat, nannte er es "eine sehr einsame Zeit".
"Kishimoto-san und ich sind im gleichen Alter und hatten beide einen Hit-Manga in der gleichen Zeit. Gefragt zu werden, ob man ein Filmprojekt annehmen will, obwohl ich nur ein Mangaka bin (lacht), haben wir beide durchgemacht. Egal wie lange man mit einem Mangaka befreundet ist, wenn die Beliebtheit der Werke unterschiedlich ist, ist es einfach schwierig, sich gegenseitig zu verstehen. Aber mit Kishimoto-san habe ich die gleichen Schwierigkeiten durchgestanden und wir haben uns über die gleichen Dinge Sorgen gemacht. Deshalb können wir uns beim Reden miteinander verbinden."
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Auch wenn ein anderer Mangaka auftaucht und einen Hit auf dem Niveau von "One Piece" erschafft, ist Kishimoto immer noch der einzige Mangaka, der dieselbe Perspektive wie Oda hat.
"Das stimmt. Fünfzehn Jahre Erfahrung sind nicht mit einem Jahr zu vergleichen... Kishimoto-san scheint das Leben nach Naruto aber wirklich zu genießen (lacht). Aber obwohl er in der Branche so weit gekommen ist, leiht er mir immer noch ein Ohr, wenn ich Dampf ablassen möchte. Er ist ein großartiger Typ, mit dem man reden kann."
Obwohl sie in der Manga-Welt erbitterte Rivalen waren, hatten sie nie wirklich das Gefühl zu kämpfen.
"Ich bin ein sehr offensiver Mensch, aber Kishimoto-san lässt sich einfach treiben. Er ist ein netter Kerl. Und er hat sich für mich gefreut, als One Piece gut abschnitt. Ich glaube, ich nutze diese Persönlichkeit irgendwie aus."
Solange One Piece Erfolg hat, werde ich keine Recherchen betreiben.
Er hat auch seine Gedanken zur Manga-Branche allgemein geteilt.
"Heutzutage haben die Leser eine so vielfältige Auswahl an Zeitschriften. Ich bin ein wenig enttäuscht, dass man nicht mehr sieht, wie alle denselben Manga lesen. Wenn ich früher mit Leuten über Dragon Ball gesprochen habe, habe ich sofort Freunde gefunden. Ich denke, das ist die Rolle, die Manga in der Gesellschaft spielen müssen. Besonders als wir Kinder waren, hat Shonen Jump eine große Rolle dabei gespielt, uns zusammenzubringen. Aus dieser Perspektive hat es also einen gewissen Wert, "viele Zeitschriften zu verkaufen". Ich würde mir wünschen, dass die verschiedenen Geschichten enger miteinander verknüpft werden. Es wäre also schön, wenn mehrere Magazine zu einem zusammengefasst würden. Wie bei den Avengers. (lacht)"
Er sagt, dass es kürzlich einen bestimmten Vorfall gab, bei dem er sich wie ein Älterer unter den Shonen Jump-Mangaka gefühlt hat.
"Der Entwurf, den ich neulich fertig gestellt habe, war der 900. in meiner Serie. Als One Piece bei einer Zeremonie für das 50. Kapitel ausgezeichnet wurde, wurde (Osamu) Akimoto-senseis Kochikame-Serie für das 1050. Kapitel ausgezeichnet. Ich dachte: 'Zwei Ziffern mehr als meine! Dieser Kerl ist ein Monster!' Aber als meine eigene Serie die 900er-Marke erreichte, war ich ein wenig überrascht, wie nahe ich an diese unerreichbare Zahl von 1000 Kapiteln gekommen war. Anders gesagt, ich denke, die jungen Mangaka von heute betrachten mich so, wie ich damals Akimoto-sensei sah. Aber so denke ich nicht täglich. Ich werde immer derselbe Mensch sein."
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Wenn Oda heutzutage die Shonen Jump liest, sagt er mit einem Lachen: "Manchmal habe ich das Gefühl ein alter Mann zu sein und denke, ich verstehe die Manga von heute nicht." Aber er ärgert sich nicht darüber oder hat das Bedürfnis, das zu ändern.
"Es geht nicht darum, welcher Weg der richtige ist. Es geht mehr darum, was die Leser suchen. Wenn One Piece beginnt zu verlieren, werde ich wieder anfangen zu recherchieren, aber da es noch gewinnt, ist es für mich in Ordnung. (lacht)"
Obwohl Oda klar sagte nicht das Gefühl zu haben, die Stütze der Shonen Jump zu sein, wurde klar, dass er, je mehr er redete, ein Gefühl der Tragweite besaß, eine Nummer Eins-Geschichte für die Shonen Jump zu schreiben, also fragte ich, ob er ein Gefühl von Stolz in sich trägt.
"Ich habe wirklich kein Recht, das zu behaupten. Als Akimoto-sensei beschloss, Kochikame zu beenden, habe ich es den Redakteuren sehr deutlich gemacht. 'Ich mag ein Ass sein, aber ich kann nie der Kapitän sein.' Akimoto-sensei ist der Kapitän. Er liest jeden Tag die Shonen Jump und kennt die neuen Mangaka. Auf unserer Neujahrsparty gibt er ihnen Hinweise und sagt, welche Teile ihres Mangas interessant sind. Das ist etwas Erstaunliches, zu dem ich nicht fähig bin. Was ich tun kann, ist den ersten Platz einzunehmen und der Shonen Jump bei den Verkäufen zu helfen. Ich finde, dass sie mir diese Rolle als Ass überlassen können."
One Piece expandiert in verschiedene Arten neuer Medien, von Kabuki bis hin zu Übersee-Dramen.
"Ich werde Neuland betreten, oder zumindest etwas, was noch nie zuvor gemacht wurde. Ich verspüre in gewisser Weise etwas Angst, bin aber auch sorglos. Wenn es jemanden gäbe, der in diesem Genre bereits erfolgreich war, hätte ich Druck durch die Kritiken, diese Erwartungen zu erfüllen. Aber es ist noch niemandem gelungen, also habe ich keine Angst zu scheitern. Von nun an möchte ich viele neue Dinge machen. Und darauf freue ich mich sehr."
Was ist die Weekly Shonen Jump für Eiichiro Oda?
Es ist mein freier Bereich, um seriös etwas zu kritzeln. Auch heute beginnt eine neue Serie immer mit Kritzelei. Das mache ich seit meiner Kindheit, aber jetzt bringt es Verantwortung mit sich. Ich glaube, es ist ein Ort für mich, ernsthafte Kritzeleien anzufertigen, um Leute glücklich zu machen.
*Dieses Interview wurde im Mai 2018 geführt
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